Schlag gegen Sozialdumping
Untersuchungsbehörden aus mehreren europäischen Ländern ist ein Schlag gegen organisiertes Sozialdumping im Straßentransport gelungen. Bei einem zeitgleichen Einsatz in Frankreich, Belgien, der Slowakei und Portugal haben sie eine Gruppe von Unternehmen aus Belgien und Frankreich aufgedeckt, die mithilfe von Briefkastenfirmen Fahrer zu Billiglöhnen beschäftigt haben sollen. Es wird vermutet, dass bis zu 100 Unternehmen zu dem grenzüberschreitenden Netz gehören.
Hauptfigur ist Medienberichten zufolge ein französischer Staatsbürger, der einer Gesellschaft slowakischen Rechts mit Sitz in Bratislava vorstand. Er soll seit 2014 den betrügerischen Einsatz von Lkw-Fahrern aus Rumänien, Polen, der Slowakei und Portugal organisiert haben – zum Nachteil der Fahrer und der französischen und belgischen Staatsfinanzen. Auf seine Adresse seien in Frankreich aktive Unternehmen zugelassen gewesen, er habe auch zahlreiche belgische Transporteure angeregt, in der Slowakei Filialen zu gründen.
Dabei habe es sich nur um Briefkastenfirmen gehandelt, wird berichtet. Die Muttergesellschaften der Unternehmen hätten ihre Geschäfte von Frankreich oder Belgien aus geführt und mit ihren Billigtransporten gegenüber ehrbaren Unternehmen für Wettbewerbsverzerrungen gesorgt. In Portugal soll die Frau des Drahtziehers ein Unternehmen nach dem gleichen Muster geführt haben. Außerdem gab es offenbar noch zwei weitere Komplizinnen in Frankreich und in der Slowakei. Allen wird vorgeworfen, bandenmäßig Schwarzarbeit organisiert zu haben.
In Belgien wurden zwölf Durchsuchungsbefehle umgesetzt, die sich gegen drei Transportunternehmen richteten. Sie werden verdächtigt, von 2014 bis in die Gegenwart die Zahlung von Sozialabgaben in Höhe von sechs bis sieben Millionen Euro umgangen zu haben. Zwei Personen wurden verhört, zehn Fahrzeuge sichergestellt, berichten belgische Medien. Die belgische Staatsanwaltschaft hat sich den Kampf gegen schweren organisierten Sozialbetrug auf die Fahnen geschrieben und einen Untersuchungsrichter in Flandern mit dem Fall beauftragt. Auf seinen Antrag hin hat es auch die zwei Durchsuchungen in Portugal und in der Slowakei gegeben.
Insbesondere in Frankreich wird Sozialbetrug schwieriger. Bereits einen Tag nach der gemeinschaftlichen Aktion mit Belgien gab es im Großraum Paris Kontrollen leichter Nutzfahrzeuge unter anderem durch die Arbeits- und Wettbewerbsbehörde Direccte. An strategischen Punkten wie Raststätten, Be- und Entladepunkten aber auch am Straßenrand wurden innerhalb von zwölf Stunden 89 leichte Nutzfahrzeuge unter 3,5 Tonnen kontrolliert, von denen 46 im Ausland zugelassen waren.
Die Bilanz ergab jeweils zwei Fälle von illegaler Kabotage und Schwarzarbeit, neun Fahrer hatten keine oder keine zulässige Entsendebescheinigung dabei, 22 Fahrzeuge waren überladen. Direkt vor Ort mussten ausländische Unternehmen knapp 5.000 Euro an Strafzahlungen aufbringen. Die Behörde teilte mit, dass sie ihre Untersuchungen fortsetzt und gegen mehrere Unternehmen Strafanzeige wegen illegaler Arbeit erstatten wird. Übertretungen der Entsenderichtlinie werden in Frankreich mit 2.000 Euro pro Angestelltem geahndet.
Diese Kontrollen sind Teil einer insgesamt elf Wochen langen Beobachtungsphase zur Kabotage, die die Europäische Kommission angesetzt habe, berichtet Direccte. Dabei geht es speziell um leichte Nutzfahrzeuge aus dem Ausland, die auf Rechnung Dritter unterwegs sind. Ihre Zahl sei in den vergangenen Jahren stark angestiegen. Häufig würden hier neben der Entsenderichtlinie auch die Lenk- und Ruhezeiten nicht eingehalten.