Spediteure kritisieren Mauterhöhung

19. Juni 2023
Sollte die von der Bundesregierung beschlossene neue CO2-abhängige Maut den Bundestag passieren, werden Spediteure von Dezember an kräftig zur Kasse gebeten. Die Bundesregierung erwartet Zusatzeinnahmen von jährlich sieben bis acht Milliarden Euro.
Spediteure empfinden Mauterhöhung als Zumutung
Die beim gemeinsamen Unternehmertag des Bundesverbands Spedition und Logistik (DSLV) und seines Landesverbands, des Verbands Spedition und Logistik Baden-Württemberg (VSL), versammelten Transport- und Logistikunternehmer empfinden das Mautpaket als Zumutung, das zur Unzeit inmitten einer Rezession kommt und auf das sie keinerlei Einfluss nehmen konnten und über dessen Inhalte sie bis zuletzt im Unklaren geblieben sind – so jedenfalls die Stimmen der Unternehmer.
„Nach dem Heizungshammer kommt der Mauthammer“, erklärte VSL-Präsident Dr. Micha Lege, Geschäftsführer der Spedition Wiedmann & Winz aus Geislingen an der Steige. Die Bundesregierung lege für die Ermittlung der Mautsätze einen CO2-Preis von 200 Euro je Tonne zugrunde – als einziges Land in Europa und mit dem maximal zulässigen Satz. „Das hat uns alle kalt erwischt.“
Die Speditionsverbände wollen nach Möglichkeiten suchen, Nachbesserungen im Sinne der Branche zu erreichen. Dafür wollen sie beziehungsweise ihre Unternehmen in den nächsten Wochen gezielt auf die Bundestagsabgeordneten in den Wahlkreisen zugehen und ihnen sowie der Öffentlichkeit die Folgen der Mauterhöhung verdeutlichen. DSLV-Hauptgeschäftsführer Frank Huster machte klar, dass dafür der Korrekturbedarf konkret benannt werden müsse. Er betonte, dass es nicht darum gehe, draufzuhauen, vor leeren Regalen zu warnen oder der Bundesregierung auf Social Media die rote Karte zu zeigen. Der Wunsch nach Nachbesserungen bringt die Branche laut Huster aber in der Bredouille: Je länger die Ansprache der Abgeordneten dauert und später das Mautgesetz ins Parlament kommt, desto später tritt es in Kraft und desto kürzer ist der Zeitraum für Preisgespräche und IT-Anpassungen.
Dr. Jörg Mosolf, Chef der gleichnamigen Automobilspedition aus Kirchheim unter Teck, hatte auf der VSL-Mitgliederversammlung eine solche Initiative ins Spiel gebracht, die auf Information und Gespräche mit den Abgeordneten setzt. „Wir müssen stärker Flagge zeigen“, forderte er. „Viele wissen gar nicht, welche Dimensionen und Folgen das Mautgesetz hat“, sagte Markus Olligschläger, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Wirtschaft, Verkehr und Logistik (BWVL).
Weitergabe der Mautkosten kein Selbstläufer
Problematisch ist die drastische Mauterhöhung laut DSLV und VSL aus mehreren Gründen: Zum einen wird die Weitergabe kein Selbstläufer. Laut VSL-Präsident Lege macht sie bei Teil- und Komplettladungen rund elf Prozent der Gesamtkosten aus. Hinzu kämen in seinem Unternehmen weitere neun Prozent Kostensteigerungen, sodass eine Preisanpassung von einem Fünftel erforderlich ist. Hinzu kommt: Verlader werden nach Überzeugung der Unternehmer keine Maut auf Leerkilometer zahlen. Die lassen sich aber bei Spezialverkehren nicht vermeiden, wie Michael Schaaf, Geschäftsführer von Bay Logistik aus Waiblingen, ausführte. „Bei einem Leerkilometer-Anteil von 25 Prozent werden wir einen Teil der Maut selbst schlucken müssen“, sagte er.
Ein weiteres Problem ist laut DSLV-Präsident Axel Plaß, Chef der Zippel Group aus Hamburg, dass die Maut die beabsichtigte Lenkungswirkung nicht entfalten wird. „Allein der Bundeshaushalt wird profitieren, die Klimabilanz des Straßengüterverkehrs bleibt unverändert.“ Denn weder stünden – wie skizziert – die erforderlichen alternativ angetriebenen Lkw in ausreichender Zahl bereit, noch gebe es Anreize zum Umstieg auf die Schiene. „Wir verzweifeln an einem desolaten Schienennetz“, sagte Plaß, der bei der Zippel Group das Gros seiner Hauptläufe per Bahn bewegt. Die Mauteinnahmen sollen, wie es im Gesetzentwurf heißt, „ganz überwiegend in die Schiene investiert werden“.
Ärgerlich ist für die Unternehmer beim Mautpaket ferner, dass die im Koalitionsvertrag ausgeschlossene Doppelbelastung nicht vermieden wird. Spediteure müssen also sowohl den CO2-Preis als auch die CO2-Maut schlucken, ohne einen Ausgleich zu bekommen. Und ebenfalls ein Aufreger für alle Mautzahler: Es herrscht Unklarheit darüber, was moderne Diesel-Lkw, die CO2-effizienter als vor 2020 in den Verkehr gebrachte Fahrzeuge sind, eigentlich an Maut bezahlen müssen.