Spedition- und Logistikbranche: Verdi fordert 5,5 Prozent mehr Gehalt

02. Juni 2014
In Esslingen treffen sich der Arbeitgeberverband Spedition und Logistik Baden-Württemberg (AVSL) und Verdi zur dritten Verhandlungsrunde. Auf dem Tisch liegt ein Angebot, das den Arbeitnehmervertretern noch nicht schmeckt. Die ersten Verdi-Warnstreiks gab es bereits. Bei Kühne + Nagel in Gärtringen etwa legten nach Informationen des Personalleiters Ronald Seiz rund 70 Lagermitarbeiter für zwei Stunden die Arbeit nieder. Verdi hat bis zur dritten Tarifrunde Anfang Juni weitere Maßnahmen angekündigt. Gestreikt wurde bisher bei DB Schenker in Mannheim, DPD in Heilbronn und der Spedition Gebrüder Weiß. „Wir stellen uns darauf ein“, sagte Seiz.

Uneinigkeit zwischen den Tarifparteien herrscht vor allem bei der Deutung von Zahlen. Die Unterschiede bei den Unternehmensgewinnen in der Branche seien groß, so Seiz, eben je nach Geschäftsmodell. „Im Landverkehr sind die Margen sehr gering“, in der Kontraktlogistik sieht es dagegen ganz gut aus. Für den 2. Juni rechnet Seiz mit „konstruktiven Verhandlungen auf beiden Seiten“.

Man darf gespannt sein, was die Esslinger Runde bringen wird. Stefan Brötz, Verhandlungsführer und Geschäftsführer des Arbeitgeberverbands Spedition und Logistik Baden-Württemberg (AVSL), hofft als Vertreter von 200 Speditionen auf einen „maßvollen Abschluss“. Die von Verdi geforderten 5,5 Prozent für ein Jahr seien davon weit entfernt. Das Angebot, den rund 120.000 vertretenen Beschäftigen der Branche zum 1. April 1,7 Prozent mehr Geld und im kommenden Jahr noch einmal 1,8 Prozent mehr zu bezahlen, kam bei Verdi nicht gut an. Die zweite Tarifrunde Ende April scheiterte. Zwar rückten die Arbeitgeber von der Forderung nach einer längeren Wochenarbeitszeit ab, trotzdem lautete das Urteil von Verdi, das Angebot sei inakzeptabel.

Dabei gehen die Tarifparteien offenbar von unterschiedlichen Wirtschaftsentwicklungen in der Branche aus. Verdi fordert für seine Mitglieder einen Ausgleich für die gestiegene Inflation und Produktivität. Zudem habe sich die Branche im Land gut bis sehr gut erholt und entwickelt. Fachanwalt Brötz hält dagegen: "Eine Umverteilung geht nur, wenn was da ist. Eine Produktivitätssteigerung war für uns 2013 nicht feststellbar."
AVSL-Vertreter Brötz befürchtet die Abwanderung großer Logistikprojekte in andere Bundesländer mit geringeren Tarifabschlüssen. Er hofft deshalb auf einen „offenen und sachlichen Austausch“ am Tarif-Tisch in Esslingen und einen neuerlichen, realistischen Blick auf die Zahlen. Auch die Einführung des Mindestlohns zum 1. Januar 2015 zeige doch, dass die Löhne in Baden-Württemberg auch im unteren Segment passten. „Wir liegen mit unserem Tarifvertrag in der untersten Stufe weit über den 8,50 Euro“, sagte Brötz. Wer in einer Spedition etwa als Möbelpacker arbeite, erhalte hierfür 12,96 Euro pro Stunde. Letztlich, so ist Brötz überzeugt, profitierten beide Seiten von einem akzeptablen Ergebnis: „Wenn die Abschlüsse nicht maßvoll sind, ist zu befürchten, dass dies zu weiterer Tarifflucht führt", sagte Brötz.

Auf Anfrage von trans aktuell sagte Erwin Wolf, Verdi-Bereichsleiter Baden-Württemberg: „Wir wollten faire und saubere Tarifrunden führen, doch wir sahen keine Möglichkeit für ein Entgegenkommen.“ Ein Knackpunkt sei der Vorschlag einer „niedrigen Einstiegslohngruppe“ gewesen – daran ist die zweite Runde letztlich gescheitert. Danach war klar, „wir werden den Konflikt auch in die Betriebe tragen“, bisher mit Warnstreiks, „doch wir können noch mehr, obwohl auch wir selbstverständlich die Unternehmen nicht schädigen wollen“, stellte Wolf klar. Für den 27. Mai rief Verdi die Beschäftigten des Paketdienstleister UPS in Ditzingen erneut zu Warnstreiks auf, um den AVSL zum Einlenken zu bewegen. „Die Beschäftigten leisten harte und gute Arbeit. Sie erwarten mit Recht eine faire und angemessene Lohnerhöhung“, sagte Verdi-Verhandlungsführer Arnold Püschel. Es soll ein klares Signal an die Hardliner bei den Arbeitgebern sein, und ein Appell an die moderaten Kräfte. In Esslingen sei schon einmal ein guter Abschluss möglich gewesen: „Das könnte ein gutes Omen sein“, hofft Wolf.