Sperrung der Rheintalbahn: Desaster für den Güterverkehr

16. Aug. 2017
Eine der wichtigsten Strecken für den europäischen Schienengüterverkehr ist für mindestens zwei Wochen komplett gesperrt. Eine Tunnelbaustelle auf dem Korridor zwischen den Nordseehäfen und der Schweiz sowie Norditalien hatte südlich von Rastatt zu Absenkungen der Gleise geführt. Das Netzwerk Europäischer Eisenbahnen schätzt, dass die Umsatzausfälle alleine für die Güterbahnen bei zwölf Millionen Euro pro Woche liegen. Dabei seien weder die Schäden bei den Versendern und Empfängern der Güter noch bei der Infrastruktur berücksichtigt. Im Normallfall verkehren hier täglich rund 200 Güterzüge.
Die DB AG hat noch keinen genauen Zeitplan zur Behebung des Problems. Es werde „mit Hochdruck an der Wiederinbetriebnahme der Rheintalbahn gearbeitet“, teilte sie mit. Das Unternehmen setzt auf die großflächige Umfahrung, aber auch auf eine Verlagerung auf das Binnenschiff oder den Lkw. In Absprache mit den Kunden werde auch eine Verschiebung der Transporte geprüft. Ebenfalls untersucht die DB eine Verschiebung von Baustellen, um zusätzliche Kapazitäten für die Umleitung von Zügen zu schaffen.
Die DB Netz AG müsse ihre Anstrengungen für Umleitungsverkehre und zur Wiederherstellung der Strecke beschleunigen, forderte das Netzwerk Europäischer Eisenbahnen. Auch der Einsatz einer Hilfsbrücke müsse geprüft werden. „Man muss unkonventionell denken. Wenn nicht beim hiesigen oder einem anderen europäischen Bahnnetzbetreiber, wird es nach unserer Einschätzung mindestens in Militärdepots Hilfsbrücken geben, die von Pionieren zügig über der entstandenen Senke installiert werden könnten“, sagte Isabelle Schulze, Vorstandsmitglied des Netzwerks Europäischer Eisenbahnen (NEE) e.V.
Nach einer ersten Bestandsaufnahme durch die DB Netz AG zeige sich, dass für die Verlagerung von Güterzügen selbst auf weiträumigen Umfahrungen bei weitem nicht genug Kapazität zur Verfügung stehe. Besonders tragisch sei dass mehrere der Ersatzstrecken – vor allem die „Gäubahn“ von Stuttgart in Richtung Süden sowie auf österreichischem Gebiet die südliche Umfahrung des Bodensees bei Bregenz und der Zulauf zum noch weiter östlich gelegenen Brennerpass – ebenfalls durch Bauarbeiten blockiert oder stark eingeschränkt seien. „Es muss geklärt werden, welche Bauarbeiten dort sofort beendet und aufgeschoben werden können“, sagte Schulze.
Kombiverkehr hat unterdessen ein Buchungs- und Annahmestopp für Schweizverkehre und Italienverkehre über den Gotthard verhängt. „Aufgrund der Streckensperrung auf der Verbindung Mannheim – Basel und den damit verbundenen Zugauslegungen können bis auf Weiteres keine Ladeeinheiten gebucht und angeliefert werden“, teilte das Unternehmen mit. Betroffen sind die Strecken von Duisburg Ruhrort Hafen, Hamburg-Billwerder und Hannover-Linden Hafen nach Busto Arsizio und von Köln-Eifeltor nach Busto, Novara, Rothrist, Aarau und Birrfeld.
Die Sperrung der Rheintalstrecke ist nach Einschätzung von BLS Cargo ein Riesen-Desaster für die gesamte Branche. „Das ist ein sehr großer Imageverlust“, sagte Pressesprecherin Stefanie Burri. Es dürfe nicht passieren, dass eine so wichtige Strecke für 14 Tage einfach unterbrochen sei, ohne dass DB Netz ein Umleitungskonzept anbieten könne, das auch nur annähernd belastbar sei. Insgesamt gibt es Zweifel, ob die Vorsorge seitens der DB ausreichend war. Es stelle sich die Frage, „ob man wirklich fünf Meter unter 1.600 Tonnen schweren Güterzügen eine Tunnelbaustelle installiert und keinen „Plan B“ hat, wenn da etwas schief geht“, sagte Schulze.