Verbände warnen vor Fahrverboten in den Städten

23. Feb. 2017
Noch ist es eine Stuttgarter Diskussion. Aber sollten 2018 die im Raum stehenden Fahrverbote für Dieselfahrzeuge unterhalb der Euro-6-Norm zum Tragen kommen, könnte das eine Kettenreaktion in Gang setzen und zu einer Vielzahl an städtischen Insellösungen führen. Das jedenfalls sind die Befürchtungen einiger Branchenverbände, die genau davor warnen. Da die von der baden-württembergischen Landesregierung angestrebte blaue Plakette im Kampf gegen den Feinstaub bei Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) auf Ablehnung stößt, prüft das Land Plan B, also genau solche Fahrverbote, die Zehntausende Fahrzeuge treffen könnten. Kraftfahrer könnten an Tagen mit erhöhten Feinstaubwerten darauf dann auf Schildern auf den Einfahrtsstraßen hingewiesen werden.
Für den Lieferverkehr sind zwar Ausnahmen im Gespräch, der IHK Region Stuttgart zum Beispiel sind die entsprechenden Pläne aber zu vage. „Besorgt nehmen wir wahr, dass man im Verkehrsministerium und bei der Stadt immer noch keinen Plan dafür in der Tasche hat, wie man bei Verkehrsbeschränkungen mit dem Wirtschaftsverkehr umgehen will“, erklärt Hauptgeschäftsführer Andreas Richter. Seiner Einschätzung nach hätte ein Zwang zur Stilllegung von gewerblich genutzten Dieselfahrzeugen den Charakter einer faktischen Enteignung von Betriebsvermögen. „Für viele Unternehmen sind ihre Fahrzeuge Arbeitsmittel und Existenzgrundlage“, erklärt die Kammer.
Dem Deutschen Speditions- und Logistikverband (DSLV) liegen Ausnahmeregelungen für den Lieferverkehr und die City-Logistik ebenfalls am Herzen. Flottenbetreiber müssten die Chance haben, innerhalb des normalen Investitionszyklus auf Euro 6 oder andere emissionsarme Fahrzeuge umzusteigen, erklärt der Verband.
„Zur Umsetzung einer modernen und umweltfreundlichen City-Logistik mit Elektro-Lieferfahrzeugen muss darüber hinaus auch eine entsprechende Infrastruktur mit Ladeplätzen vorhanden sein“, fordert DSLV-Präsident Mathias Krage. Der Logistikunternehmer aus Langenhagen würde eine Zufahrtsregelung über eine neue blaue Plakette, wonach Euro-6-Fahrzeuge freie Fahrt hätten, begrüßen. „Ein Plakettensystem ist grundsätzlich das richtige Instrument zur Senkung von verkehrsbedingten Schadstoffemissionen“, betont er.
Der Verband der Automobilindustrie (VDA) argumentiert, es gebe wirksamere Mittel, um die Luftqualität in den Städten zu verbessern. „Zum Beispiel die Verbesserung des Verkehrsflusses und Stauvermeidung“, erläutert der Verband. Solche Maßnahmen seien kurzfristig umsetzbar und hätten eine große Wirkung. Gleichwohl dürften Verbesserungen in diesen Bereichen in der staubelasteten baden-württembergischen Landeshauptstadt schwer umzusetzen sein. Aufgrund ihrer besonderen Topografie müssen sich Fahrzeuge auf überlasteten Straßen wie durch Nadelöhre in Richtung City zwängen. Erst vor wenigen Tagen hat eine Verkehrsanalyse des Navigeräteherstellers Tom Tom der Metropole wieder den unrühmlichen Titel der Stauhauptstadt eingebracht, den sie sich mit Köln teilt