EU: Strengere CO2-Grenzwerte für Lkw
Der Umweltausschuss im Europäischen Parlament hat, nach strengeren CO2-Grenzwerten für Pkw, nun auch für schärfere Regulierungen im Bereich der schweren Nutzfahrzeuge gestimmt: Demnach wird bis 2030 ein Reduktionsziel von 35 Prozent angestrebt, bis 2025 sollen die Emissionen um 20 Prozent sinken.
Christofer Fjellner, der federführende Abgeordnete der Fraktion der Europäischen Volksparteien (EVP) für das Dossier, erklärte anlässlich der aktuellen Abstimmung, dass Europa der weltweite Champion von Lkw und Bussen für die Zukunft sei. Die Begrenzung der CO2-Emission für schwere Nutzfahrzeuge sei gut, aber man brauche mehr als das. „Wir brauchen eine CO2-Gesetzgebung, die Innovationen vorantreibt und neue emissionsärmere Lastwagen auf die Straße bringt", so Fjellner.
Um den Straßenverkehr zu entkarbonisieren, brauche man einen großen Technologiewandel. „Aber die Wahrheit ist, dass wir als Gesetzgeber nicht befehlen können, wann und wie diese Verschiebung zustande kommen wird. Daher hätten wir unsere harten Ziele mit starken Anreizen kombinieren müssen, anstatt zu bestimmten Zeitpunkten spezifische Technologien zu benennen, wie dies vom Umweltausschuss beschlossen wurde. Ich hoffe jedoch, dass wir die Gesetzgebung im Plenum weiter verbessern können", sagte Fjellner. „Wenn wir das falsch verstehen, wird es nicht nur Arbeitsplätze in einer unserer erfolgreichsten Branchen kosten, sondern auch die ständige Innovation neuer emissionsarmer Lkw, die notwendig sind, wenn echte Emissionsreduktionen stattfinden sollen."
T&E: Klares Signal an die Regierungen
Die Umweltlobbyisten von Transport & Environment (T&E) wiederum werten das Abstimmungsergebnis als Signal an die Regierungen der EU, dass die CO2-Standards ehrgeiziger sein müssen als die ursprünglich von der Europäischen Kommission vorgesehenen Werte. Die größeren Ambitionen bezüglich der CO2-Emissionen bis 2025 würden in den ersten fünf Jahren zusätzliche Kraftstoffeinsparungen von 14.000 Euro pro neuem Lkw im Vergleich zu der von der Kommission vorgeschlagenen Reduzierung um 15 Prozent bringen. Die Hersteller müssten zudem eine Quote an emissionsfreien Lkw von fünf Prozent bis 2025 erreichen.
„Die Abgeordneten bringen uns näher zu dem, was erforderlich ist, um die EU-Klimaziele zu erreichen", erklärte Stef Cornelis, Verantwortlicher für saubere Lkw bei T & E. „Das Verkaufsziel wird sicherstellen, dass sich ein Markt für emissionsfreie Lastkraftwagen entwickelt, der Unternehmen in die Lage versetzt, bis 2025 ihre Verpflichtungen für einen sauberen Transport in Städten zu erfüllen."
Die Europaabgeordneten haben laut T&E auch vorgesehen, dass die EU ein jährliches Testprozedere und Tests der Fahrzeuge während des Betriebs einführt. Diese sollen die Kraftstoffeffizienzdaten der Lkw-Hersteller prüfen, um sicherzustellen, dass diese bei den Testverfahren nicht tricksen können. Diese Tests werden laut Stef Cornelis Transparenz schaffen und einen stärkeren Wettbewerb zwischen den Herstellern sicherstellen. „Jetzt muss das volle Parlament diesen progressiven Schritt unterstützen und ein klares Signal an die nationalen Umweltminister senden, was nötig ist, um die CO2-Emissionen von Lkw zu reduzieren, Ölimporte zu reduzieren und die Kosten für die Unternehmen zu senken."
ACEA: Völlig unrealistische Ziele
Der Verband der europäischen Automobilhersteller (ACEA) zeigte sich wegen der Abstimmung des Umweltausschuss im Europäischen Parlament dagegen „ernsthaft" besorgt. „Die europäische Lkw-Industrie ist bereit, sich ehrgeizigen CO2-Zielen zu unterwerfen, vorausgesetzt, diese sind im gegebenen Zeitrahmen technologisch und wirtschaftlich rentabel," sagte ACEA-Generalsekretär Erik Jonnaert. Die extrem strengen CO2-Reduktionsziele für die Jahre 2025 und 2030 gingen jedoch weit über den Vorschlag der Kommission hinaus, der bereits eine große Herausforderung darstellte. Diese Ziele würden die Realitäten und die Komplexität des Lkw-Marktes sowie die langen Entwicklungszyklen für schwere Nutzfahrzeuge nicht berücksichtigen. „Die Abgeordneten sollten sich darüber im Klaren sein, dass Lastwagen, die 2025 auf den Markt kommen werden, bereits in Entwicklung sind."
Die ACEA unterstützt laut eigener Aussage die Idee der Europäischen Kommission, spezifische Anreize zur Förderung von Innovation und der Nutzung von alternativ angetriebenen Lkw einzuführen. Die Industrie begrüße die Einführung eines sogenannten Super-Credit-Systems als Mittel, um den größtmöglichen Einsatz von emissionsarmen und emissionsfreien Lkw zu fördern. Die Abgeordneten hätten jedoch beschlossen, dies in ein Benchmark-System umzuwandeln, das Strafzahlungen für Hersteller vorsieht, die keine „völlig unrealistischen Ziele" für emissionsarme und emissionsfreie Fahrzeuge erreichen. „Dabei wird nicht berücksichtigt, dass das Elektrifizierungspotenzial von schweren Nutzfahrzeugen vor allem auf der Langstrecke deutlich geringer ist als bei Pkw. Darüber hinaus mangelt es vor allem an den Autobahnen an der Ladeinfrastruktur," so Jonnaert.
VDA: 16 Prozent bis 2030 sehr anspruchsvoll, aber realistisch
Auch der Verband der Automobilindustrie (VDA) hält an seiner Einschätzung fest, dass eine CO2-Emissionsreduktion um 7 Prozent bis 2025 und um 16 Prozent bis 2030 sehr anspruchsvoll, aber realistisch sei. Die Nutzfahrzeughersteller würden seit Langem erfolgreich daran arbeiten, den Kraftstoffverbrauch immer weiter zu reduzieren, sagte VDA-Präsident Bernhard Mattes. „Der Umweltausschuss will die Latte nun allerdings so hoch legen, dass sie nicht mehr übersprungen werden kann." Die Vorstellung, dass man bis 2025 EU-weit auf einen Marktanteil von 50 Prozent batterie-elektischer Nahverkehrsbusse kommen könnte, sei realitätsfern. „Schon die Vorstellungen der Kommission sind überambitioniert." Die EU-Parlamentarier würden weit über das Ziel hinausschießen. „Sehr kritisch zu bewerten ist auch die Höhe der Strafzahlungen, die mit 6.800 Euro pro überschrittenem Gramm pro Tonnenkilometer selbst große Nutzfahrzeughersteller in ihrer Existenz bedrohen könnten. Die Mischung aus unrealistischen Zielsetzungen, unverhältnismäßigen Strafandrohungen und faktischen Quoten für Niedrig- und Nullemissionsfahrzeuge wird für die Branche, aber auch für die gesamte Logistikindustrie ein massiver Kostentreiber sein."
Die Nutzfahrzeugindustrie habe mehr Transparenz und eine realistische Regulierung für schwere Lkw im Grundsatz „immer unterstützt." Die Betreiber von Lkw hätten selbst das größte Interesse an einem niedrigen Kraftstoffverbrauch und würden als Kunden immer sparsamere Fahrzeuge fordern. Im Güterfernverkehr sei der effiziente Dieselmotor auf absehbare Zeit schwer zu ersetzen. „Der Versuch, die CO2-Regulierung für Pkw und jene für Lkw in Gleichklang zu bringen, zeigt, dass in Brüssel nach wie vor zu wenig Verständnis für die Eigenheiten des europäischen Nutzfahrzeugmarktes herrscht."
Mattes fordert außerdem eine „innovationsfreundlichere Regelung" für die Anrechnung von besonders umweltfreundlichen Fahrzeugen und von klimafreundlichen synthetischen Kraftstoffen.