Studie: Fahrermangel verursacht enorme Kosten

22. März 2023 Newsletter / Transport & Verkehr
Der Mangel an Fahrerinnen und Fahrern führt zu enormen Mehrkosten für die deutsche Wirtschaft. Das geht aus der Studie „Begegnung von Kapazitätsengpässen im Straßengüterverkehr – Fokus Personal“ hervor. Es handelt sich um eine Konsortialstudie unter der Leitung der Professoren Wolfgang Stölzle von der Universität St. Gallen, Thorsten Schmidt von der Technischen Universität Dresden und Christian Kille von der Technischen Hochschule Würzburg-Schweinfurt (THWS). Das Konsortium setzt sich außerdem aus 16 Unternehmen, fünf Verbänden und einem Betreiber einer digitalen Matching-Plattform für Arbeitgeber und gewerbliche Fachkräfte zusammen.
Milliarden an Mehrkosten durch Fahrermangel
Nun liegen die Ergebnisse im Detail vor. Dazu gehören geschätzte zehn Milliarden Euro Mehrkosten für die deutsche Wirtschaft durch fehlendes Fahrpersonal im Jahr 2022. Das heißt: Die wirtschaftlichen Auswirkungen der Fahrerkrise sind immens. Die Autoren der Studie identifizierten 32 Wirkungen des Fahrermangels. Diese wiederum verursachten für den Wirtschaftsbereich Logistik eine Kostensteigerung von schätzungsweise drei Prozent im Jahr 2022. Allein dies führte im vergangenen Jahr zu einer Mehrbelastung für die deutsche Wirtschaft von rund zehn Milliarden Euro. Dies zeigen die Ergebnisse eines speziell entwickelten Modells.
So viele Lkw-Fahrer fehlen aktuell – und in Zukunft
Ein anderes für die Studie entwickeltes Modell quantifiziert den Mangel an Fahrpersonal auf Basis aktueller Statistiken und ermöglicht eine Prognose der Entwicklung des Fahrpersonalmangels. So wurde aus den vorliegenden Daten berechnet, dass aktuell mehr als 70.000 Lkw-Fahrerinnen und -Fahrer fehlen. 2022 waren es noch etwa 53.000. Der Fahrermangel wird der Studie zufolge jährlich um rund 20.000 Fahrer zunehmen. Relativ gesehen sei dieser Mangel größer als in der Pflege oder der Erziehung.
Das sind die Gründe für den Fahrermangel
Die Analyse brachte einen Katalog mit 40 verschiedenen Ursachen hervor, die direkt oder indirekt für den Mangel an Fahrpersonal verantwortlich sind. Besonders stechen dabei die Arbeitsbedingungen, das Arbeitsumfeld sowie das bisweilen schlechte Bild des Berufs in der Öffentlichkeit ins Auge. Im Zuge der Untersuchungen wurden zahlreiche Maßnahmen zur Begegnung des Fahrpersonalmangels analysiert und bewertet. 19 Maßnahmen davon haben hohes Potenzial. Darunter fallen politische Maßnahmen wie der Ausbau der Parkplätze. Nach Angaben des Bundesverkehrsministeriums wurden 2017 bis 20221 rund 4.350 Parkplätze auf den Rastanlagen des Bundes errichtet. Insgesamt stehen damit knapp 75.000 Parkplätze auf den bundesweiten Rastanlagen sowie auf privaten Autohöfen zur Verfügung. Zusätzlich entstehen bis 2025 rund 5.500 neue Lkw-Stellplätze. Dies trägt nach Ansicht der Studienautoren zwar zum Abbau des Mangels bei, dürfte aber nicht ausreichen, um die Nachfrage in den kommenden Jahren selbst bei nur konstantem Lkw-Aufkommen zu decken.
Effizienz beim Lkw-Transport steigern
Als weitere Möglichkeiten nennen die Studienautoren beispielsweise den Einsatz von mehr Lang-Lkw, den Führerschein mit 17 oder unternehmensseitig die Etablierung eines speziellen Verantwortlichen für die Belange der Fahrer im Unternehmen sowie perspektivisch die Ausweitung der Potenziale digitaler Plattformen. Im Zentrum stehen Maßnahmen, die nicht primär darauf abzielen, das Angebot an Fachkräften zu erhöhen, sondern der Mangellage mittels Effizienzsteigerung zu begegnen. In der Abbildung unten wird das Potenzial jeweils qualitativ abgeschätzt und drückt ein Verhältnis zwischen erwartbarem Nutzen und notwendigem Aufwand zur Umsetzung im Zeitverlauf aus.
Autonomes Fahren Level 5 kommt erst 2040
Es wird deutlich, dass von additiven Fertigungsverfahren, also Transporte vermeiden durch bedarfsgerechte Produktion vor Ort, kein signifikanter Beitrag zur Reduktion des Fahrpersonalmangels erwartet wird. Das autonome Fahren bietet Potenzial, wenngleich derzeit noch Skepsis herrscht und dem Nutzen ein hoher Aufwand gegenübersteht. Laut Experten ist der Studie zufolge das Fahren auf Level 5 wohl erst um das 2040 zu erwarten. Hohes und steigendes Potenzial bieten Online-Plattformen, also digitale Marktplätze. Das zentrale und gemeinsame Agieren ermöglicht hohe Effizienzsteigerungen.