Diesel-Lkw unter Druck: Transporteure müssen umdenken
Die europäische Transportwirtschaft steht am Scheideweg: Entweder investiert sie in klimafreundliche Lkw, oder muss mit deutlich höheren CO2-Emissionen rechnen. Das behauptet eine Studie der European Climate Foundation.
Bis 2030 werden die CO2-Emissionen im Lkw-Verkehr wenn alles weiterläuft wie bisher um zehn Prozent ansteigen. Davon geht die EU-Kommission aus. Ein Ausweg wäre, die Branche auf klimafreundliche Lkw umzustellen, also einerseits besonders effiziente Diesel-Lkw einzusetzen und gleichzeitig immer mehr Fahrzeuge mit Elektro- oder Brennstoffzellenantrieb in die Flotten zu integrieren. Denn obwohl der Schwerlastverkehr weniger als fünf Prozent der Fahrzeuge ausmache, verursache er aktuell schon 22 Prozent der CO2-Emissionen auf den Straßen der EU. Wenn die EU ab 2021 keine Normen für die Kraftstoffeffizienz einführe, stiegen die Emissionen bis 2040 um 14 Prozent an. Eine solche Regelung wird aktuell auf EU-Ebene diskutiert.
Verbraucher verlangen umweltbewusste Dienstleistungen
„Der Verkehr ist der einzige Sektor in Europa, dessen CO2-Emissionen heute höher sind als im Jahr 1990", sagt Erik Wirsing, Vice President Global Innovation bei DB Schenker. „Er entwickelt sich damit zu einer großen Belastung für die europäischen Bemühungen, die Klimaschutzverpflichtungen aus dem Pariser Klimaabkommen zu erfüllen." Im selben Zuge rücken Verkehrsemissionen laut Wirsing immer stärker in den Fokus der Politik. Fahrverbote sind einer der Effekte. „Gleichzeitig verlangen die zunehmend umweltbewussten Verbraucher Dienstleistungen mit geringen CO2-Emissionen und setzen dadurch den Frachtverkehr mit Diesel-Lkw unter Druck." Die Logistikbranche müsse ihre Wertschöpfungskette überarbeiten, Emissionen reduzieren und neue Geschäftsmodelle nutzen, die auf elektrisch betriebenen Flotten basieren.
"Eine grüne Zukunft für den Schwerlastverkehr"
DB Schenker ist einer der Partner, die zusammen mit Cambridge Econometrics im Auftrag der European Climate Foundation die Studie „Eine grüne Zukunft für den Schwerlastverkehr" erarbeitet haben. Die Studie zeigt laut der Foundation die Effekte von Null-Emissions-Lkw auf die Bereiche Wirtschaft, Beschäftigung, Umwelt und Infrastrukturkosten auf. Zu solchen Lkw gehören demnach nicht nur batterieelektische Antriebe und Brennstoffzellen, sondern auch hocheffiziente Verbrenner.
Laut der Studie würde ein solcher Umschwung in den Lkw-Flotten einige Vorteile mit sich bringen. Zunächst würde die EU weniger abhängig von Energieimporten. Aktuell importiere die Wirtschaftsgemeinschaft 89 Prozent ihres Rohöls, wovon der größte Teil zu Kraftstoff verarbeitet werde. Bis 2030 könnte man, die nötige Entwicklung in den Lkw-Flotten vorausgesetzt, eine Milliarde Barrel weniger importieren. Bis 2050, das sehen ambitionierte Szenarien vor, ließen sich der Import gar um elf Milliarden Barrel senken.
120.000 neue Arbeitsplätze
Gleichzeitig geht Cambridge Econometrics davon aus, dass 120.000 neue Arbeitsplätze entstehen könnten. Zwar würde der Öl- und Gassektor leiden, doch hätte dies nur eine geringe Auswirkung auf die Beschäftigungssituation. Denn analog benötige der Automobilsektor aufgrund der komplexeren Fahrzeuge mehr Arbeitsplätze schaffen. Dazu kämen unter anderem Jobs im Infrastrukturaufbau und im Dienstleistungssektor. „Es ist gut zu wissen, dass dieser Wandel nicht nur große ökologische Vorteile, sondern auch BIP-Wachstum und neue Arbeitsplätze mit sich bringen wird", kommentiert Dr. Anders Berger, Director Public Affairs beim Projektpartner Volvo Group die Studie. „Die politischen Entscheidungsträger müssen aber die bestehenden Hürden – Installation der Infrastruktur, Standardisierung und finanzielle Risiken – aus dem Weg räumen, damit der Übergang bald erfolgen kann." Diese finanziellen Risiken belaufen sich, laut der Studie je nach Strategie auf 80 bis 140 Milliarden Euro bis zum Jahr 2050.
TCO auf Diesel-Niveau
Trotz der finanziellen Risiken dürften aber die Gesamtkosten des Straßengüterverkehrs sinken. Die Studie geht zwar auch für die Spediteure mit anfangs höheren Investitionsausgaben aus, diese könnten die Unternehmen aber schnell durch den gesparten Diesel ausgleichen. Dazu komme, dass auch bei Stromern oder Brennstoffzellen-Lkw die Gesamtbetriebskosten im Vergleich zu Dieselfahrzeugen innerhalb von fünf Jahren wettbewerbsfähig seien.
Natürlich hätte der Wechsel auch positive Effekte auf den Klimaschutz und die Luftqualität. Bis zum Ende der 2020er Jahre geht die Studie von einer Verringerung des CO2-Ausstoßes um 30 Prozent aus. Allerdings seien danach nur noch mit elektrischen oder per Brennstoffzelle betriebenen Fahrzeugen weitere nennenswerte Emissionsminderungen möglich. „Die Elektrifizierung von Lkw in Europa wird darüber entscheiden, ob das Pariser Klimaabkommen eingehalten wird", so Berger.