Thomas Pleines: Unfälle gar nicht erst entstehen lassen

01. Okt. 2013
Versicherer und Prüfdienstleister sind sich näher, als man denkt. Beim gemeinsamen Thema Sicherheit gebe es eine große Schnittmenge, sagt der Präsident des Präsidialrats von DEKRA e. V. sowie Aufsichtsratsvorsitzender von DEKRA SE, Thomas Pleines, im Gespräch mit trans aktuell-Redakteur Matthias Rathmann. Zum Beispiel kann sich Pleines vorstellen, gemeinsam noch stärker das Thema Schadenprävention voranzutreiben. Der 58-Jährige stand zuletzt dem Vorstand der Allianz Versicherung vor.
trans aktuell: Gibt es konkrete gemeinsame Ansatzpunkte bei der Verkehrssicherheit?
Thomas Pleines: Das ist im Bereich der Schadenprävention vorstellbar und sinnvoll. Unfälle sollen gar nicht erst entstehen. Denn selbst wenn der Versicherer den Schaden schnell reguliert, entstehen zum Beispiel dem Spediteur Kosten: Er kann das Fahrzeug nicht einsetzen und Termine nicht halten. Im Schnitt reden wir pro Schadenereignis über Summen von rund 5.000 Euro, auf denen der Spediteur sitzen bleibt. Hier kann man noch eine Menge tun. Die Versicherer und DEKRA verfolgen dabei teilweise schon ähnliche Ansätze, etwa in Form von Fahrertrainings. DEKRA unterstützt die Versicherungswirtschaft heute schon in hohem Maße bei der Prävention, der Schadenregulierung und der Begutachtung.
trans aktuell: Die Fahrzeugindustrie hat die Vision vom fahrerfreien Fahren. Glauben Sie, dass die in den nächsten Jahren umsetzbar ist und damit das Ziel von null Verkehrstoten greifbar wird?
Thomas Pleines: Ich glaube schon, dass wir eines Tages fahrerfrei unterwegs sein werden. Dass wir es mit null Verkehrstoten schaffen, glaube ich hingegen nicht. Es bleibt das berühmte Restrisiko. Und das ist schlichtweg nicht beherrschbar. Wenn wir aber die Risiken nicht ganz ausschalten können, sollten wir sie minimieren. Eines ist sicher: Der Stellenwert der Elektronik in den Fahrzeugen wird weiter steigen. DEKRA und die deutschen Prüforganisationen sind heute weltweit führend bei innovativer Prüftechnologie für elektronische Komponenten. Wir werden alles dafür tun, diesen Vorsprung auszubauen.
trans aktuell: Welche Rolle spielt dabei die Verkehrsinfrastruktur? Sie ächzt unter der Belastung und stellt zunehmend selbst ein Risiko für die Verkehrsteilnehmer dar.
Thomas Pleines: Eine sehr hohe. Wir bauen die besten Autos der Welt, haben aber bestimmt nicht die besten Verkehrswege. Die Straßen sind qualitativ und quantitativ in einem für Deutschland nicht angemessenen Zustand. Solche Straßen durchkreuzen unsere Bemühungen nach einer höheren Verkehrssicherheit. Ich bin der Ansicht, dass mehr als genügend Steuereinnahmen aus Mineralöl-, Kfz-Steuer und anderen Quellen für Erhalt sowie Neu- und Ausbau der Infrastruktur vorhanden sind, es braucht also dazu keine weiteren Belastungen wie eine Pkw-Maut. Wenn wir über beste Straßen reden, müssen wir darüber hinaus aber auch über beste technische Prüfungen der Fahrzeuge reden.
trans aktuell: Worauf spielen Sie hier an?
Thomas Pleines: Es gibt Stimmen, die Prüfungen auf ein qualitativ niedrigeres Niveau zu bringen. Das kann nicht sein. Wenn deutsche Unternehmen beim Fahrzeugbau Technologieführer sind, muss auch die technische Prüfung danach qualitativ hochwertig sein.