Expertentipps: Vor Risiken schützen

24. Jan. 2017
Für die Logistikbranche ist mit den Lkw-Anschlägen von Berlin und Nizza im vergangenen Jahr eine völlig neue Bedrohung zu den bekannten Gefahren wie Ladungs- und Dieseldiebstahl oder das Eindringen blinder Passagiere hinzugekommen: dass ein Lkw mitsamt Fahrer gekidnappt und als Waffe eingesetzt wird. Die Logistikbranche muss sich nun mit dieser neuartigen Bedrohung auseinandersetzen und bereits bestehende Sicherheitsmaßnahmen anpassen oder neue Maßnahmen entwickeln, die der Gefährdungslage angemessen sind.
Natürlich gibt es keine Garantie, dass Präventionsmaßnahmen im Ernstfall ausreichen. „Trotzdem lohnt sich der Aufwand eines Riskmanagement-Konzepts, das vor einer Vielzahl möglicher Risiken schützen soll“, sagt Ralph Feldbauer, Chef-Riskmanager der Allianz. Vorbildlich organisiert seien hier in der Regel die Gefahrgut-Transporteure, die ihre Fahrer auch auf Einhaltung von besonderen Arbeitsrichtlinien beispielsweise beim Abstellen und Verlassen der Fahrzeuge, zum Verhalten bei Schlüsselverlust oder Wahrnehmung von Besonderheiten hinweisen, schulen und trainieren, aber auch kontrollieren.
Axel Salzmann, Rechtsanwalt und Logistik-Fachmann der Kravag, weist in erster Linie auf die Sorgfaltspflichten des Fahrzeughalters und des Fahrers hin, die Lkw-Schlüssel stets sicher aufzubewahren. Hinzu komme ein individuelles Haftungsrisiko für Spediteure und Vermieter, sollten sie den Lkw einem Mitarbeiter, Subunternehmer oder Mieter überlassen, der damit einen Anschlag verübt – was theoretisch auch möglich ist. Bei der Auswahl seiner Fahrer habe der Unternehmer zudem eine Überprüfungspflicht, sagt Salzmann, und müsse reagieren, falls es ernstzunehmende Hinweise gebe, dass sich ein Mitarbeiter radikalisiert, ob politisch oder religiös.
Auch die 52 Mitglieder zählende Ladungskooperation Transcoop09 mit rund 4.000 eigenen Fahrzeugen sucht nach Wegen zur Prävention: „Wir entwickeln zurzeit Tutorials und Unterweisungen, die in Bälde fertig sind“, kündigt Vorstand Josef Perisa an. Einige Mitglieder stellen etwa – auch zum Schutz vor blinden Passagieren – auf schlitzfeste Planen um und nutzen elektronisch gesicherte Portale am Lkw.
Aber auch die Fahrer selbst können einiges tun, sagt Jens Hügel, Leiter Güterverkehr bei der IRU, etwa an bekannten Stellen stoppen oder dicht hintereinander parken. In den freiwilligen Sicherheitsrichtlinien für den Straßentransport der IRU finden sich umfassende Empfehlungen für Fahrer, Spediteure/Versender und Manager, ein 15-Punkte-Katalog. Auch Hügel setzt zunächst auf sichere Parkplätzen. „Mehr Licht, ein Zaun, Kameras und ein Sicherheitsdienst, vielleicht noch Ein- und Ausfahrschranken – das sind einfache Möglichkeiten, die helfen“, sagt Hügel.
Folgende Tipps von Kravag und Transcoop09 können Unternehmen in puncto Sicherheitsmaßnahmen weiterhelfen:
- Polizeiliches Führungszeugnis des Fahrers einholen
- Tauglichkeit und grundsätzliche Zuverlässigkeit der eingesetzten Fahrer fortlaufend überprüfen
- Papiere wie Führerschein und Ausweis auf Echtheit und im Original regelmäßig überprüfen, Kopien aufbewahren
- Mindestens zwei glaubwürdige Referenzen einholen
- Sicherheitsfragen im Bewerbungsgespräch klären und Werdegang überprüfen
- Schriftliche Anweisung zum Umgang mit Fahrzeugen, um unbefugtes Nutzen durch Dritte auszuschließen
- Subunternehmern in die Sicherheitsstandards einbinden
- Sicherheitsrelevante Pflichten und die Folgen im Arbeitsvertrag festhalten
- Schulungen und Trainings zu Sicherheitsfragen und Fahrsystemen, evtl. Fahrerhandbuch mit Richtlinien für Fahrer und Disponenten
- Fahrer sollten auch geringfügige Zwischenfälle melden.