VDA warnt vor Mehr-Belastungen des Gewerbes

07. Nov. 2013
Im Gespräch mit der Fachzeitung trans aktuell warnt der Geschäftsführer des Verbands der Automobilindustrie, Dr. Kay Lindemann, vor einer Mehrbelastung des Gewerbes. Zudem erläutert Lindemann, worauf sich der VDA in Bezug auf die künftig Regierung einstellt.
trans aktuell: Herr Dr. Lindemann, das Verkehrsgeschehen in Deutschland wird in den nächsten Jahren von einer großen Koalition gelenkt. Worauf stellen Sie sich ein?
Lindemann: Wir stellen uns auf Kontinuität ein und denken, dass eine große Koalition Verkehr und Innovationen weiter ermöglichen und nicht behindern wird. Die Verlängerung des Feldversuchs mit Lang-Lkw wird hierbei der Lackmustest sein. Sorgen machen wir uns aber bei der Infrastrukturfinanzierung. Geld aus dem Haushalt ist genug da, was die hohen Steuereinnahmen 2012 und die Schätzungen für 2013 zeigen. Bei vielen dürfte trotzdem die Verlockung groß sein, Rosinenpickerei zu betreiben und weiteres Geld über ein Ausweiten der Lkw-Maut erzielen zu wollen. Das gilt erst recht nach Vorlage der Ergebnisse der Bodewig-Kommission.
Für Diskussionsstoff sorgt derzeit doch eher eine Pkw-Maut, oder?
Noch diskutieren alle über eine Pkw-Maut. Es besteht aber die Gefahr, dass am Ende der Weg des geringsten Widerstands gegangen wird und diejenigen noch stärker belastet werden, die ohnehin schon stark getroffen sind: die Transportunternehmer. Der VDA kann hiervor nur warnen.
Befürchten Sie nicht, dass alles auf eine Pkw-Maut hinausläuft?
Meine Sorge ist, dass man im Zuge der Pkw-Maut-Debatte als weiteren oder alternativen Baustein der Nutzerfinanzierung eine Ausweitung der Lkw-Maut prüfen könnte. Das Gewerbe darf aber nicht der Leidtragende sein und die Zeche in Form dieses Kompromisses zahlen. Sowohl eine Ausweitung auf das gesamte Bundesstraßennetz als auch auf Lkw unter zwölf Tonnen würde eine überproportionale Belastung der deutschen Firmen darstellen.
Wäre der VDA denn überhaupt bereit, seinen Beitrag in Form einer Pkw-Maut zu leisten?
Die Konzepte für eine Pkw-Maut überzeugen weder fiskalisch noch europarechtlich. Wenn wir über ein Steuervolumen von 615 Milliarden Euro im Jahr 2013 über alle Gebietskörperschaften sprechen, bedeutet das ein Rekordniveau. Die Einnahmen sollen bis 2017 auf mehr als 700 Milliarden Euro steigen. Da muss es doch möglich sein, einen zusätzlichen Betrag für Zukunftsinvestitionen im Bereich der Infrastruktur bereit zu stellen. Schade ist auch, dass nie jemand über die Möglichkeit von Effizienzreserven spricht.
Soll heißen?
Die Bodewig--Kommission weist ja auf ein Effizienzpotenzial von 10 Prozent in der Infrastrukturbereitstellung und
-bewirtschaftung hin. In Zahlen bedeutet das immerhin bis zu einer Milliarde Euro. Der Bund stellt die Investitionsmittel für die Bundesverkehrswege zur Verfügung, die von den Ländern bewirtschaftet werden. Keiner stellt die Frage, ob das auf modernen betriebswirtschaftlichen Strukturen beruht, die Effizienzreserven bieten. Das wäre so, als wenn wir ein Mehrfamilienhaus über 17 Etagen besitzen würden und jede Etage von einer anderen Hausverwaltung bewirtschaftet würde. Das kann nicht effizient sein. Diese Fragen sind aber offenbar viel unbequemer als das weitere Drehen an der Gebührenschraube.