Verkehrssünderdatei: Kühler Kopf bei Punkte-Ärger
Mehr als zehn Millionen Verkehrsteilnehmer in Deutschland sind in der „Verkehrssünderkartei“ in Flensburg gespeichert, so viele wie noch nie. 4,7 Millionen Personen kassierten im Jahr 2016 neue Punkte. DEKRA empfiehlt allen Betroffenen, den eigenen Punktestand im Fahreignungsregister im Blick zu behalten und frühzeitig gegenzusteuern.
„Seit der Reform des Punktesystems im Jahr 2014 ist der Führerschein viel früher in Gefahr“, sagt Dr. Thomas Wagner, Fachbereichsleiter der amtlich anerkannten Begutachtungsstellen für Fahreignung (BfF) bei DEKRA. Schon bei 8 Punkten ist jetzt „der Lappen weg“. So kassierten die Gerichte und Bußgeldbehörden im Jahr 2016 in mehr als 77.000 Fällen die Fahrerlaubnis. Darüber hinaus hagelte es rund 447.000 Fahrverbote.
Der häufigste Verstoß, der im Fahreignungsregister zu Punkten führt, ist zu schnelles Fahren mit 87 Prozent der Punkteverstöße, gefolgt von Vorfahrtsverletzungen, Alkohol am Steuer und Fahren ohne Führerschein. Viele davon sind Punkte, die sich wiederholt aufgefallene Fahrer erworben haben.
Bei 4 oder 5 Punkten flattert dem Fahrer eine Ermahnung der Straßenverkehrsbehörde ins Haus, bei 6 bis 7 Punkten gibt es eine Verwarnung. „Die Betroffenen sollten diesen ‚blauen Brief‘ nicht auf die leichte Schulter nehmen, sondern möglichst rasch handeln“, empfiehlt Wagner. Der Grund: „Je mehr Punkte eine Person auf dem Konto hat, umso mehr erhöht sich das Risiko, weitere Punkte zu sammeln. Außerdem steigt mit der Anzahl der Verkehrsverstöße die Wahrscheinlichkeit, einen Unfall zu verursachen“, so der Experte. „Punkte sind auch kein Zufall: Sie beruhen häufig auf Fehleinstellungen, falschen Fahrgewohnheiten oder Stress.“ Je eher der Betroffene aktiv wird, umso größer sind die Chancen, den Führerschein auf Dauer zu behalten.
So ist es sinnvoll, auf freiwilliger Basis ein Fahreignungsseminar zu besuchen. Es zielt darauf ab, sicherheitsrelevante Mängel im Verhalten von Fahrern zu erkennen und abzubauen. Bis zum Stand von 5 Punkten werden die Teilnehmer mit einem Punkt Abzug belohnt, ein Rabatt, der allerdings nur einmal in fünf Jahren gewährt wird. Für einen weiteren Punkteabbau brauchen die Betroffenen viel Geduld. Ein-Punkte-Delikte werden nach zweieinhalb Jahren getilgt, Zwei-Punkte-Verstöße erst nach fünf Jahren und Drei-Punkte-Delikte bleiben sogar zehn Jahre aktiv.
Von allgemeinen Hinweisen wie „Fahr doch vorsichtiger!“ hält Dr. Wagner wenig: „Vage Ziele bringen gar nichts! Wichtig ist ein Plan mit Zwischenzielen, die auch überwacht werden.“ Es komme darauf an, alte Gewohnheiten zu durchbrechen und durch neue zu ersetzen.
Durch klare Regeln zum Beispiel:
- Immer am Ortseingang auf den Tacho schauen und die Geschwindigkeit kontrollieren.
- Morgens rechtzeitig losfahren, um nicht in Zeitdruck zu geraten.
- Die Hausstrecke in defensivem Fahrstil fahren. Dabei zeige sich, dass die Zeitersparnis bei schneller Fahrweise nur minimal ist.
- Ein Signal im Auto anbringen, etwa ein Foto eines Angehörigen oder einen Klebezettel, der dazu erinnert, die Geschwindigkeit zu überprüfen.
Um dem Teufelskreis von immer mehr Punkten zu entrinnen, sollten sich besonders Fahrer mit hohem Punktestand dazu durchringen, sich bei den regelmäßigen kostenfreien Informationsveranstaltungen der Begutachtungsstellen für Fahreignung im Bundesgebiet über mögliche Schritte zu informieren.