Verkehrsministerkonferenz: Lkw-Sicherheit im Fokus

05. Nov. 2018
Auf der Verkehrsministerkonferenz gab es nur bei Thema Lkw-Sicherheit konkrete Informationen. Vieles, was die Verkehrsminister beschlossen haben, blieb allerdings unklar.
Sie verstehen sich als verkehrspolitisches Korrektiv, die Damen und Herren Verkehrsminister der Länder. Wenn es sein muss, auch „als eine Art Tempomacher“, so ein Zitat aus ihrer Runde. Der Kollege Bundesminister aus Berlin spürt das regelmäßig. Dabei treten sie ungeduldig, oft unnachgiebig auf, im Ton aber stets verbindlich. Denn sie wissen, ohne oder gar gegen den Bund läuft in der Verkehrspolitik nicht viel. Sie wissen aber auch, dass der Bund ohne sie, ohne die Expertise und Öffentlichkeit der Länder, zuweilen auf verlorenem Posten stünde. Der zusätzliche Druck, den sie in den verkehrspolitischen Kessel bringen, hilft also allen. Die beendete Verkehrsministerkonferenz (VMK) in Hamburg mit ihrer umfangreichen Tagesordnung hat das erneut bestätigt.
Das Management dieser Konferenz freilich lässt zu wünschen übrig. Denn die jeweils abgegebenen Berichte des Bundes beziehungsweise der Länder zu den einzelnen Tagesordnungspunkten und den dazu verabschiedeten Beschlüssen, die diese oft erst verständlich machen, werden der Öffentlichkeit viel zu lange vorenthalten.
Beispiel 1, TOP 6.1: Optimierung der Durchführung von Großraum- und Schwertransporten. Bericht zur Kenntnis genommen, einer Verwaltungsvereinbarung zugestimmt, Evaluation nach einem Jahr erbeten – das wird nach der Konferenz publiziert. Was freilich optimiert werden soll und ab wann, bleibt geheime Kommandosache.
Beispiel 2, TOP 6.7: Maßnahmen gegen Ladungsdiebstahl im Straßengüterkraftverkehr. Bericht des Bundesverkehrsministeriums (BMVI) zur Kenntnis genommen, Bitte an Innen- und Justizministerkonferenz, sich mit dem Thema zu befassen. Das war‘s zunächst. Was das BMVI konkret zu dem für die Fachöffentlichkeit höchst aktuellen Thema mitgeteilt hat oder wie es die Situation beurteilt – man weiß es nicht!
Beispiel 3, TOP 4.1: Aktionsplan Güterverkehr und Logistik. Bericht des Bundes zur Kenntnis genommen, Bitte an die Bundesregierung, über Fortschritte der Arbeiten zum „Innovationsprogramm Logistik 2030“ auf der nächsten Abteilungsleiterkonferenz im Frühling 2019 zu berichten. Auch hier wüssten die Fachverbände und Unternehmen der Transport- und Logistikbranche sicher gerne etwas über Planungen des Bundesverkehrsministers, damit sie sich rechtzeitig einbringen können. Weitere Beispiele über mangelnde Informationen ließen sich auflisten. Zumindest lieferte der Parlamentarische Staatssekretär im BMVI, Steffen Bilger (CDU), bei der Mitgliederversammlung des Bundesverbands Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) in Berlin dazu einige Hintergründe.
Höhere Bußgelder für Verkehrssünder gefordert
Besser sieht es auf dem Gebiet der Verkehrssicherheit aus. Hier werden diverse Berichte des Bundes ebenfalls zunächst „zur Kenntnis genommen“, zugleich aber machen wenigstens die verabschiedeten Beschlüsse deutlich, was Sache ist. So wird etwa zur „Evaluation des Bußgeldkatalogs“ ganz klar die Forderung der VMK vom April 2018 wiederholt, „das Sanktionsniveau für Verkehrsordnungswidrigkeiten mit besonderem Gefährdungspotenzial zu erhöhen, um die erforderliche abschreckende Wirkung zu erreichen.“ Der Bund wird gebeten, „zur Frühjahrssitzung 2019 der VMK Eckpunkte zur Reform des Bußgeldkatalogs mit deutlicher Erhöhung des Sanktionsniveaus vorzulegen“.
Eine klare Ansage. Genauso zum Notbremsassistenten: Die Bemühungen der Bundesregierung werden „ausdrücklich“ begrüßt, „eine Anpassung der technischen Anforderungen an Notbremsassistenzsysteme auf EU-Ebene zu erreichen und national ein Verbot des Abschaltens solcher Systeme rechtlich festzulegen.
Die Länder begrüßen ferner die Aktivitäten des Bundes, eine Ausrüstungsverpflichtung für Nutzfahrzeuge mit Abbiegeassistenzsystemen in den EU-Typgenehmigungsvorschriften zu verankern, und zwar „mit deutlich kürzeren Umsetzungsfristen“. Der Bund soll zudem prüfen, ob die im Rahmen der „Aktion Abbiegeassistent“ von Unternehmen erklärten Selbstverpflichtungen in den Bereichen Nachrüstung und Beschaffung zu Grundsatzvereinbarungen zwischen Bund und Unternehmen führen können. Begrüßt wird schließlich, dass die Bundesregierung an einer speziellen Förderrichtlinie arbeitet, um Nachrüst- Abbiegesysteme künftig auch unabhängig vom De-Minimis-Programm, das bereits den Einbau solcher Systeme sowie die Ausrüstung mit Kamera-Monitor-Systemen bei mautpflichtigen Fahrzeugen ab 7,5 Tonnen unterstützt, fördern zu können. Die Richtlinie solle so ausgestaltet werden, dass auch die Nachrüstung kommunaler Fahrzeuge systemunabhängig gefördert wird, fordern die Länder.
Förderprogramm zur Nachrüstung von Abbiegesystemen
Unterdessen hat Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) mitgeteilt, dass das zusätzliche Förderprogramm mit fünf Millionen Euro pro Jahr ausgestattet werden soll. Es werde für fünf Jahre ausgelegt und ab Anfang 2019 für Nutzfahrzeuge ab 3,5 Tonnen gelten. Den von der EU vorgesehenen verpflichtenden Einbau von Abbiegeassistenten nannte der Minister „definitiv viel zu spät“. „Wir brauchen jetzt schon Abhilfe, um die tragischen Unfälle zu verhindern“, so Scheuer. Er werde sich deshalb schon während der österreichischen Ratspräsidentschaft für eine „deutliche Beschleunigung“ einsetzen. In seinem eigenen Geschäftsbereich geht der Minister mit gutem Beispiel voran. Ein Erlass sieht vor, Fahrzeuge ab 3,5 Tonnen nur noch mit Abbiegeassistenten zu beschaffen. Bis Ende 2019 werden zudem rund 470 Lkw nachgerüstet.
Daneben haben die Länder weitere wichtige Beschlüsse gefasst, etwa zur Umsetzungsstrategie von automatisiertem, vernetzten und autonomen Fahren, zu Mobilität und Klimaschutz sowie zum Maßnahmenpaket der Bundesregierung für Modellstädte zur Luftreinhaltung. Mit Blick auf die anstehende Neudimensionierung der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung (LuFV III ) für die Deutsche Bahn fordern die Länder, unter anderem auch die erheblichen Preiseffekte der Marktentwicklung sowie die Belange von Fahrgästen und Güterverkehrskunden stärker als bisher zu berücksichtigen. Zudem soll der Bund zeitnah das angekündigte Sonderprogramm zur Elektrifizierung einführen und dafür ausreichende Haushaltsmittel hinterlegen.
Parallel zu den „deutlichen Zeichen zur Stärkung des Schienenverkehrs“ soll der Bund beim Eisenbahn-Bundesamt die hierfür zwingend notwendigen zusätzlichen Personalkapazitäten bereitstellen, „damit nicht die Verwaltung zum Engpass für die Umsetzung der ambitionierten Maßnahmen wird“.
Die weiteren Termine
Die nächste Verkehrsministerkonferenz findet am 4. und 5. April 2019 in Saarbrücken statt, die vorgeschaltete gemeinsame Konferenz der Verkehrs- und Straßenbauabteilungsleiter am 13. und 14. März in Berlin. Der Vorsitz der VMK geht vom 1. Januar 2019 bis zum 31. Dezember 2020 an Anke Rehlinger (SPD) über, Ministerin für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Verkehr des Saarlandes.