Volkswagen: E-Crafter steht in den Startlöchern

07. Sept. 2017
Volkswagen Nutzfahrzeuge will den neuen Elektrotransporter e-Crafter im Dezember auf den Markt bringen. Das Fahrzeug ist für den Einsatz auf der letzten Meile konzipiert.
Die technischen Daten des e-Crafter orientieren sich daher exakt an diesem Profil. Mit dem 35,8 kWh großen Akku realisiert VW bei einem NEFZ-Verbrauch von 20 kWh pro 100 Kilometern eine Reichweite von 160 Kilometern. Schon bei der ersten Ausfahrt wird mit Zwischenverbräuchen um 28 kWh klar, dass dies nur im besten Falle möglich ist. Mindestens 100 Kilometer Reichweite sind aber, so VW, in der Praxis sicher – also genau das, was die auserkorene Zielgruppe plus Reserve wünscht.
Spritzige E-Maschine
Die Leistung des permanent erregten Synchronmotors, der die Vorderräder antreibt, gibt VW im Peak mit 100 kW an, die Dauerleistung liegt bei 50 kW. Dazu kommt ein aus dem Stand verfügbares Drehmoment von 290 Nm. In Ehra-Lessien hat VW zwei Vorserienfahrzeuge im Gepäck: leer und voll ausgeladen. Trotz der auf den ersten Blick eher übersichtlichen Papierform tritt der e-Crafter in beiden Fällen spritzig an und beschleunigt turbinenartig auf die abgeregelte Höchstgeschwindigkeit. Auch die Geräuschkulisse der E-Maschine erinnert entfernt an ein Flugzeugtriebwerk, wenn auch nur ganz im Hintergrund. Auch beim Handling überzeugt der Transporter und profitiert merklich vom passenden Basisfahrzeug, sowohl on- als auch offroad.
Die Wahl beim Antrieb fiel laut VW auf Grund des besseren Wirkungsgrades auf einen permanent erregten Synchronmotor. Im Vergleich zu einer Asynchronmaschine betrage dieser etwa 92 zu 87 Prozent. Die Höchstgeschwindigkeit ist auf 90 km/h begrenzt.
Elektro-Komponenten aus dem e-Golf
Die Komponenten für den Elektroantrieb stammen allesamt aus dem Konzernregal, genauer gesagt aus dem VW e-Golf. Während Ladegerät und Leistungselektronik direkt verwendet werden konnten, die Batterie nur leicht angepasst wurde, hat VW das Getriebe verstärkt. Statt einer Fahrstufe verfügt dieses nun über derer zwei. Schließlich muss der Antriebstrang im Crafter auch mit grob der doppelten Masse fertig werden. Grundsätzlich gelte: übernehme, was du übernehmen kannst. Aber, so Scholz, "an einigen Stellen müssen wir Nutzfahrzeug-spezifisch nachbessern."
Dabei trägt der E-Antrieb gar nicht so sehr zum Fahrzeuggewicht bei, wie man befürchten könnte. Im Vergleich zum 2.0 TDI bringt der e-Crafter rund 500 Kilogramm mehr auf die Waage. Davon entfallen etwa 350 Kilogramm auf die Batterie, der Rest auf zusätzlichen Unfallschutz für die Batterien, die unter dem Fahrzeug zwischen den Achsen sitzen. Bei einem Gesamtgewicht von 3,5 Tonnen bleibt dann eine Zuladung von einer Tonne. Wer den e-Crafter optional mit einem Gesamtgewicht von 4,25 Tonnen bestellt – dank Ausnahmeregelung für E-Fahrzeuge reicht dann noch immer der Führerschein Klasse B – bekommt sogar 1,75 Tonnen Zuladung, muss sich aber mit einer Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h begnügen.
Batterien sitzen unter dem Laderaum
Neben der Zuladung ist das Ladevolumen entscheidend. Dank der Position der Batterie büßt der e-Crafter keinen Laderaum ein im Vergleich zur Diesel-Variante. Einziges Zugeständnis: Der Elektrotransporter basiert auf der Heckantriebsversion, hat also einen um 100 Millimeter erhöhten Ladeboden. Auch was die vielfältigen Assistenzsysteme betrifft, müssen sich Stromerkunden nicht besonders einschränken: fast alles verfügbar vom Flankenschutz bis zum Spurhalteassistenten. Die Anhängersteuerung per Spiegel-Joystick ist vorerst nicht vorgesehen. Eine Anhängerkupplung wäre zwar möglich, werde aber für dieses Modell aktuell praktisch nicht nachgefragt. Beim Radstand schickt VW zunächst die "Normalversion" ins Rennen. Man denke aber intensiv über andere Ausbaustufen nach.
Batterie: VW verspricht lange Lebensdauer
Die Batterie lässt sich je nach Ladestation in 45 Minuten wieder zu 80 Prozent befüllen. Dafür ist indes eine 40 kW-Ladestation notwendig. Bei Drehstrom mit 7,2 kW ist der Akku nach fünf Stunden und 20 Minuten komplett voll, am regulären Netz mit 2,3 kW dauert dies 17 Stunden. Das funktioniert laut VW problemlos über 1.500 Ladezyklen. Aktuell teste man bereits bis 2.000 Zyklen. Generell gibt VW acht Jahre Garantie. Doch auch dann soll sich der Verlust in Grenzen halten. Nach zehn Jahren Betrieb gehen die Niedersachsen von einem Kapazitätsverlust von nur etwa 15 Prozent aus. Solche Nutzungsdauern erfordern letztlich aber eine sorgfältige Batteriepflege. Darum passt VW die Serviceintervalle für den Stromer vorerst nicht an, auch wenn der e-Crafter auf frisches Motoröl getrost verzichtet. Stattdessen nehmen sich die Techniker bei den geplanten Werkstattaufenthalten den Gesundheitszustand der Batterie vor. Im Fall der Fälle lasse sich der komplette Batteriepack entnehmen, um einzelne Module mit sechs oder zwölf Zellen zu tauschen.